SieMatic Küchen
Bei den Traditionsunternehmen der Küchenmöbelindustrie darf SieMatic nicht fehlen. Der Hersteller mag nicht so groß sein wie andere Einbauküchen-Produzenten, doch ist er stilbildend und hat gleichzeitig Neuerungen als Verdienst vorzuweisen. Auffällig ist, dass das Küchenangebot dessen, was gewöhnlich ‚Landhausküchen‘-Stil genannt wird, bei SieMatic viel offener gehandhabt wird als bei den Konkurrenten. Das Nostalgik-Element einer solchen Küchenzeile tritt bei SieMatic deutlich zurück.
Wachstum in Maßen, keine Krise und ein überraschender Besitzwechsel
Im Unterschied zum Narrativ anderer Küchenhersteller, die meist als Schreiner-Handwerksbetriebe im Kleinen angefangen haben, wird für den Ursprung von Siematic vom Fleck weg die Gründung einer Küchenmöbelfabrik angegeben, für das Jahr 1929, durch August Siekmann. Dort fertigte man Küchenbuffets, also klassische Küchenschränke zum beliebigen Aufstellen ohne Integration in eine Einbauküche. Was damals Verwendung in jedem Durchschnittshaushalt fand. Trotz Kriegszerstörungen ging es gleich im Jahr nach Kriegsende weiter mit der Produktion, 1953 gab es ein vielbeachtetes Reformküchen-Programm mit ‚Goldrüster‘ Furnier auf den Fronten. Nach einem Generationswechsel 1955 kam es mit der SieMatic 6006 im Jahr 1960 zum Erscheinen der ersten Küchenzeile mit integrierten Griffleisten an den Unterschränken und Hängeschränken. Das war dasselbe Jahr, als SieMatic auch Firmenname wurde. Wie wichtig diese Küche für die Unternehmensgeschichte ist, sehen wir daran, dass der Designklassiker 2000 und 2010 als SieMatic 6006 zweimal etwas modernisiert neu aufgelegt wurde. In den späten Sechzigern und Siebzigern fand die übliche Expansion und Ausweitung ins internationale Geschäft statt, wie bei anderen Küchenherstellern auch. 1979 schuf die Firma in den USA einen Ableger für den dortigen Küchenmarkt. In den Neunzigern gehörte SieMatic zu den ersten Küchenherstellern, die mit mitteldichten Holzfaserplatten (MDF) statt den älteren Spanplatten Möbel produzierten. 2003 führte sie das MultiMatic Innenausstattungssystem ein. Seit 2006 arbeitet das Unternehmen mit Designer Mick De Giulio an der neuen BeauxArts Kollektion, einem amerikanisch inspirierten, ornamentalen Landhausstil. 2015 kam das klassische, separat aufzustellende Küchenbuffet mit SieMatic 29 als Neuinterpretation zurück. Seit wenigen Jahren ist SieMatic in den Händen eines chinesischen Staubsaugerherstellers als Mehrheits-Anteileigner. Über 400 Mitarbeiter sorgen für einen Umsatz von 100 Millionen Euro (Angabe von 2016).
Was Sie im SieMatic Programm finden
Die Unternehmensgeschichte hat gezeigt, dass SieMatic dem Landhausküchenstil große Aufmerksamkeit schenkt, ohne ihn so dick aufzutragen wie andere Möbelmarken. Sie ist auch nicht rein retrospektiv, sondern kann seit den Siebziger Jahren Innovationen aufweisen, so zum Beispiel die „Painters‘ Collection“ von 1995 mit handgewischten Fronten im Stil der Malertradition des 19. Jahrhunderts, für die antike Anmutung. Natürlich besteht das SieMatic Programm für Küchenzeile, Küchenblock und Kücheninsel aber nicht nur aus Retro, sondern hat mit Pure und Urban noch zwei moderne Programme aufzubieten. Die Sparten lauten also:
• Pure
• Urban
• Classic
Pure, das ist die modern-elegante, minimalistische Stilwelt nach SieMatics Konzeption. Griffe sind in einer Einbauküche dieser Sparte selten zu finden, aber wunschbar. Charakteristisch ist ein Zusammenspiel aus 6,5 mm feinen Rahmenprofilen auf den Fronten, korrespondierend mit der 6,5 mm Optik von Arbeitsplatten und Seitenwangen, das die integrierten Elemente (Küchenschrank, Hängeschrank usw) umschließt. Dies ist ein Ergebnis der Kooperation mit dem KINZO Designerteam in Berlin. Modellreihen innerhalb von Pure sind S1, S2, S3 und SE. Wir erinnern uns an den Produktzirkus anderer Hersteller und sind dankbar über solche Klarheit. Bei Urban unterdessen ist die zusammenhängende Einbauküche losgelöst in Einzelstücke, die frei geplant und aufgestellt werden können: die Flexibilität, auch für beengte Interieurs, steht im Vordergrund. So erklärt sich die Rückkehr des einzeln stehenden Küchenschranks, der Anrichte, nur dass sie jetzt auch eine Spüle und Geräte eingebaut haben kann.
In der Stilwelt Classic wird überraschend mit stilistischen Freiheiten argumentiert. Als ‚Signature Piece‘ für Classic wird der „Chinesische Hochzeitschrank“ genannt, ein Hochschrank-Solitärmöbelstück, das anpassbar als Geschirrschrank, als Kühl- und Gefrierkombination oder alles zusammen konzipiert werden kann. Hier ist die genannte BeauxArts Küche beheimatet, die inzwischen schon in Version BeauxArts.02 vorliegt, und die Painters‘ Collection mit Wischtechnik auf den Lackflächen. Selbst diese Designer-Serien sind beliebig kombinierbar mit irgendeiner anderen Serie von SieMatic. Griffe wird man hier häufiger am Küchenblock finden als in Pure oder Urban. Arbeitsplatten für alle Stile gibt es aus Naturstein, Compositstein, Keramik, Holz, Edelstahl und Kunststoff. Die Kanten von Arbeitsplatten können in sechs verschiedenen Variationen ausgefertigt werden, über alle Stilwelten hinweg.
Wollen wir näher auf Besonderheiten eingehen?
Gebaut werden SieMatic Küchen nach eingereichten Planungsunterlagen und nicht etwa von der Stange. Für die Innenausstattung in Schubladen usw wird Aluminium, helle Eiche oder dunkle Rauchkastanie vereinigt. Tip-On Servomechanik kann die Türen des Hochschranks und die Auszüge am Unterschrank durch sachtes Antippen öffnen. Das Wandpaneel System SieMatic „FloatingSpaces“ lässt Wandfläche und Regalfunktionen verschmelzen und kann neben Küchenbereichen auch in Wohnbereichen verwendet werden. Das Siematic Individual ColorSystem kennt 1950 matte und glänzende Farben, quer durch die Programmstile kombinierbar, dazu bietet der Hersteller eine AntiPrint-Beschichtung für seine SimiLaque Fronten, ähnlich wie LEICHT, sowie HPL und Echtholz(furnier). SieMatic hat unter allen Topmarken das klassische Programm, das am wenigsten mit üblichen Vorstellungen einer Landhausküche zu tun hat und das auch mit einer Aufhebung von Stilgrenzen bewirbt. Bei den Arbeitsplatten möchte man das „SteinDesign“ (Eigenname) hervorheben, das eine Trageplatte mit einer Auflageschicht von 1 cm Dicke aus dem Material Ihrer Wahl überbaut: Granit, Marmor, Schiefer, Kalk, Vulkan als Naturgestein und Compositestein als Kunststein. Bei Keramik wären das 6,5 mm Auflagematerial. Exotisch wirken auch Küchenschränke, die in Wandnischen hineingebaut werden können.
Kleine Aufzählung von Preisverdächtigkeiten
Das SieMatic 29 Buffet als Herzstück der Urban Stilwelt hat 2016 den German Brand Award in Gold erhalten und dazu den Kitchen & Bathroom Award 2015; die Aluminium Innenausstattung für Schübe den red dot award 2014 und gleich dazu den ‚iF product design award‘ desselben Jahres. MultiMatic Aluminium, das flexible Aufteilungssystem für Schränke und Türinnenseiten, fand sich im Folgejahr mit dem ‚iF design award‘ geehrt, also 2015 (das war der fünfte iF award seit 2001). Allgemeinerer Art ist das ‚Goldene M‘ der Deutschen Gütegemeinschaft Möbel für das Küchenangebot insgesamt. Die SieMatic Pure Collection gewann den German Design Award 2019. In früheren Jahrzehnten gab es auch schon laufend Preise für das SieMatic Einbauküchen-Programm, wie für die legendäre SieMatic 6006 bzw deren Neuauflage 2001.
Firmensitz und Website
Der Fabrikstandort von SieMatic ist Löhne in Nordrhein-Westfalen. Online zugreifen auf Informationen des Herstellers können Sie über www.siematic.com, mit der Möglichkeit, Broschüren zu den drei Stilwelten und etwas mehr herunterzuladen oder auf dem Bildschirm Küchentrends des Hauses zu betrachten. Ein Küchenplaner Tool ist nicht zu finden, Sie werden sich für ein persönlich zugeschnittenes Küchenangebot auf ein Küchenstudio verlassen müssen, das mit SieMatic kooperiert. Die Preislage sollte ungefähr bei 20.000 Euro einsetzen. Was die Besitznahme durch Chinesen für die künftige Qualität bedeuten wird, muss wohl abgewartet werden.
Fazit
SieMatic macht über die Jahrzehnte einen recht gefestigten Eindruck, ohne die Turbulenzen, die manche anderen Anbieter von Küchenzeile, Küchenblock und Kücheninsel durchmachen mussten. Die Küchentrends zeigen eine gewisse Kontinuität, etwa indem die berühmte erste grifflose Küche von 1960 wieder aufgegriffen und weiter interpretiert wird, ohne dass der Hersteller deshalb auf Neues oder auf interessante Nostalgiemixe verzichten würde, wie seine BeauxArts Linie. Mit einem öffentlich zugänglichen Küchenplaner würde das Ganze aber besser für Interessenten von Küchenzeile und Küchenblock transparent werden.